HIP-HOP-Lebenseinstellung-HM

Hip Hop ist eine Lebenseinstellung

Die Stiftung Kultur Palast aus Hamburg erhält für das Projekt „HipHop Academy“ den HanseMerkur Preis für Kinderschutz 2020 (Anerkennungspreis)

Hamburg. Billstedt, Hamburgs östlichster Stadtteil, ist das Zuhause von 70.000 Menschen aus 134 Nationen. Hier leben auf einem Stadtgebiet von 16,8 Quadratkilometern mit 76 Prozent überdurchschnittlich viele Jugendliche unter 18 Jahren mit Migrationshintergrund. Drei Viertel von ihnen wohnen dabei in Gebieten mit einem niedrigen Sozialindex. Gleichzeitig nehmen Kinder und Jugendliche aus ganz Hamburg den oft langen Weg in den Hamburger Osten auf sich, um an der HipHop Academy das zu lernen, was für sie mehr als reiner Tanz ist: Hip Hop. Seit 2007 bietet die Stiftung Kultur Palast in den wichtigsten Disziplinen der Hip Hop Kultur – Breakdance, Graffiti, Rap, Gesang und Newstyle Dance – Trainingsprogramme an. Nirgendwo in der Hansestadt gibt es bessere Trainer, Weltmeister und Legenden der Szene, als in der Academy der Stiftung. Fördern, fordern und die Vermittlung von Werten stehen ganz oben auf dem Curriculum der Trainer.

Beim Training geht es um Respekt gegenüber anderen Menschen, Religionen und Hautfarben sowie um Wertschätzung, Toleranz, friedliche Konfliktlösungen und Zugehörigkeit. Die Hip Hop-Kultur entstand 1970 in den Ghettos New Yorks. Jugendliche feierten sogenannte Blockparties in den Hinterhöfen der Stadt. Sie mischten Musik von zwei Plattenspielern zu einem neuen Musikstil. Die dazu Tanzenden nannte man Breaker – Breakdancer. Anstatt, wie auf den Straßen des Big Apple üblich, ihre Konflikte durch Gewalt zu klären, begannen die Jugendlichen, diese in sogenannten Battles auszutragen. Dörte Inselmann, Intendantin und Gründerin der HipHop Academy, erläutert ihren Ansatz wie folgt: „Wir fordern unsere Nachwuchstänzer sehr. So schicken wir Anfänger gleich in der ersten Stunde in einen Battle-Kreis. Hier müssen sie die Musik mit dem gerade Erlernten interpretieren. Ein schwerer Schritt für viele. Aber die umstehenden Kids unterstützen sie, klatschen und applaudieren. Immer! Das ist Respekt und Wertschätzung. Und das ist unsere Basis“, erläutert die engagierte Sozialpädagogin den Ansatz der Trainings.

Der Anspruch an die eigene Leistung ist hoch. Die oft komplexen Bewegungsabläufe müssen immer und immer wieder trainiert werden, damit am Ende die ganze Gruppe ein einheitliches Bild bei Auftritten geben kann. Perfektion und Disziplin sind dabei der Schlüssel für das positive und respektvolle Miteinander. Fin*, Michail*, Azra* und Elif* üben auch in den kurzen Verschnaufpausen ihre Tanzschritte. “Und zuhause geht es mit Azra zusammen weiter“, berichtet die neunjährige Elif stolz. Ihr Trainer, JANGO P.Nd Jackson gehört in der Hip Hop-Szene zu den bekanntesten Breakdancern. Geduldig zeigt er seinen Schülerinnen und Schülern immer wieder, wie sie das Gewicht verlagern müssen, um die komplexen Bewegungsabläufe fließend durchtanzen zu können. Regelmäßig unterrichtet er an der HipHop Academy die Level 1 und 2. „Ich will die Kids begeistern, ihnen zeigen, wie sie ihre Freizeit sinnvoll gestalten können, ihnen beweisen, dass sie mit Fleiß und Disziplin alles im Leben erreichen können“, begründet JANGO sein Engagement für die Kids. „Ich sehe tagtäglich, wie sehr wir die acht- bis 25-Jährigen durch den Tanz prägen. Die Gemeinschaft gibt ihnen Sicherheit, die Erfolge stärken ihr Selbstbewusstsein und die erlernte Disziplin prägt auch ihr Verhalten in der Schule – sie werden besser.“


Die Hip Hop Academy bietet den Kindern und Jugendlichen zwischen acht und 25 Jahren eine durchdachte und klar strukturierte Nachwuchsförderung von Level 1 bis zu Level 3 an. Die besten Hip Hopper haben zudem die Chance, sich als Students für die Masterclass zu bewerben. Hier werden Tänzer, Sänger und Rapper berufsbegleitend zu professionellen Künstlern ausgebildet. 


Die Angebote der HipHop Academy gibt es mittlerweile an 37 Standorten in ganz Hamburg. Jedes Jahr nehmen rund 3.200 Kinder und Jugendliche an den Trainings teil – im Rahmen der regelmäßigen Angebote oder der „Youngsters HipHop Camps“, kompakter Ferienworkshops für die sechs- bis 13-Jährigen.


Im Kultur Palast, einem ehemaligen Wasserwerk in Billstedt, ist auch das Theater der Stiftung beheimatet. Rund 250.000 Zuschauer besuchen jedes Jahr die verschiedenen Vorstellungen im „Kronensaal“. Künftig werden auch Azra, Elif, Fin und Michail dort zu sehen sein. „Kinder und Jugendliche, die ohne eigenes Verschulden in einem Umfeld aufwachsen, das häufig von Perspektiv- und Antriebslosigkeit geprägt ist, bekommen hier die Chance, ihre eigenen Stärken zu erkennen, sie weiterzuentwickeln und an sich selbst zu glauben“, erläutert Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender der HanseMerkur, die Entscheidung der Jury für die Preisvergabe an die Stiftung.


Die Stiftung Kultur Palast erhält für ihr Projekt „HipHop Academy“, das Kinder und Jugendliche aus Billstedt und ganz Hamburg bei ihrer Entwicklung auf vielen Ebenen unterstützt, auch soziale Kompetenzen vermittelt und für ein friedliches Miteinander steht, den HanseMerkur Preis für Kinderschutz 2020 (Anerkennungspreis), der mit 10.000 Euro dotiert ist.

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