Hamburg, September 2022 - Seit 37 Jahren stärkt der Verein Frauen in Bewegung Kampfkunst und Bewegung e.V. (FIB) Mädchen den Rücken. Für das Projekt „Empowerment von Mädchen als Gewaltprävention“ wird die wichtige Arbeit der Initiatorinnen und Trainerinnen nun mit dem mit 20.000 Euro dotierten Hauptpreis der HanseMerkur Preise für Kinderschutz geehrt. Neben FIB werden im Rahmen einer großen Preisverleihung am 27. September 2022 im Curio Haus in Hamburg drei Anerkennungspreise an weitere Institutionen verliehen, die sich für Kinder und Jugendliche engagieren.
Zehntausende Teilnehmerinnen haben bereits von den Gewaltpräventions-, Empowerment-, Selbstverteidigungs- und Kampfkunstkursen von FIB profitiert. Herz und Seele des Vereins Frauen in Bewegung Kampfkunst und Bewegung e.V. ist Gründerin Sunny Graff. Die amerikanische Juristin, Frauenrechtsaktivistin und Taekwondo-Großmeisterin engagiert sich seit den frühen 70er Jahren in den USA und Deutschland gegen sexuelle Gewalt und arbeitete viele Jahre in der Opferhilfe. Nachdem sie in den USA einen der ersten Notrufe für vergewaltigte Frauen ins Leben rief, gründete sie 1985 in Frankfurt den Verein Frauen in Bewegung Kampfkunst und Bewegung e.V. und führt ihn bis heute. „Die Grundidee von FIB ist, Mädchen und Frauen einen sicheren Raum zu bieten. Dazu gehört auch, dass all unsere Trainerinnen weiblich und möglichst divers sind, denn ein Mädchen lernt am besten von einer Trainerin, mit der sie sich identifizieren und die sie sich zum Vorbild nehmen kann“, so Sunny Graff. „Wir vermitteln hier wichtige Fähigkeiten, die den Frauen ihr ganzes Leben lang nutzen werden. Das beginnt damit, dass wir gemeinsam üben, vor einer Gruppe zu sprechen und geht bis hin zum Erlernen von Selbstverteidigungs-Skills für Gefahrensituationen.“
Schon die Kleinsten lernen bei FIB laut und deutlich „NEIN!“ zu sagen und auch, wie sie sich bei körperlichen Angriffen wehren können. Die Trainerinnen der kostenlosen „Mini-Tiger“- Kurse legen hierbei viel Wert darauf, die Mädchen zwar an kritische Situationen heranzuführen und ihnen beizubringen, wie sie mit ihnen umgehen – jedoch ohne ihnen dabei Angst zu machen. Die drei wichtigsten Regeln, die alle kleinen und großen Teilnehmerinnen von Anfang an verinnerlichen: 1. Abstand halten oder weglaufen 2. Nein sagen bzw. laut schreien, 3. Erzählen, erzählen, erzählen – damit Gewalt nicht geheim bleibt und fortgesetzt wird, betroffene Mädchen und Frauen Hilfe bekommen und die Täter und Täterinnen als solche erkannt und bestraft werden.
Am 27. September wurden zum 41. Mal der HanseMerkur-Kinderschutzpreis vergeben.
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für JUUUPORT.de Hannoveraner Hilfe für Cybermobbing-Opfer
den DRK Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. „Rette sich wer’s kann – Schwimmen lernen im Kindergarten“
Die 33-jährige Amina absolvierte vor drei Jahren einen Selbstverteidigungskurs bei FIB. Erzogen dazu, still und lieb zu sein, hatte sie schlechte Erfahrungen mit dominanten Männern gemacht. Im Training erkannte sie schnell, dass es hier nicht nur um Kampfsport, sondern auch um innere Arbeit geht. Ihre Töchter Lalee (6) und Lamees (4) sollen von Anfang an mit dem richtigen Selbstbewusstsein aufwachsen. Deshalb hat Amina sie im Mini-Tiger-Kurs angemeldet.
Trainiert wird auf dem FIB-Vereinsgelände, zentral gelegen im Nordend-Ost und doch geschützt auf einem Hinterhof. Die Trainerinnen kommen aber dorthin, wo die Mädchen und Frauen sind. So bieten sie zum Beispiel Kurse in der Tarik-Moschee im Frankfurter Stadtteil Gallus, in Flüchtlingsunterkünften und an mehreren Grundschulen an. „Corona hat unsere Vor-Ort-Arbeit sehr erschwert, was vor allem für unsere jüngeren Schützlinge aus problematischen Verhältnissen kritisch war“, berichtet Sunny. Ihnen habe während der Lockdowns zum einen der Schutzraum des FIB gefehlt, zum anderen seien sie rund um die Uhr ihrem Umfeld ausgesetzt gewesen. Die Trainerinnen Alicia und Aylin und Kursteilnehmerin Carla haben daher kurzerhand den Selbstverteidigungs-Podcast „Einfach Nein!“ gestartet. Die Lebenshilfe, die die beiden „ihren Mädchen“ sonst in den Kursen geben, bekamen diese nun direkt ins Ohr. Der Podcast hatte schnell eine Reichweite von 35.000 Zuhörerinnen und bekam nicht nur viel dankbares und positives Feedback aus der ganzen Welt, sondern wurde zudem 2021 vom Deutschen Olympischen Sportbund mit einem Stern des Sports ausgezeichnet. „Ich bin unfassbar stolz auf die ‚next generation‘ des FIB“, so Vereinsgründerin Sunny Graff über das außergewöhnliche Engagement ihres Teams.
Außergewöhnlich ist auch die starke Identifikation vieler Kursteilnehmerinnen mit ihrem Verein. Einige Frauen engagieren sich später sogar selbst ehrenamtlich bei FIB. Eine von ihnen ist Mandana, die mit vier Jahren mit ihrer Familie aus dem Iran floh. Sie litt unter ihrem tyrannischen Vater. Es gab Prügel, Morddrohungen, Angst vor Zwangsheirat und Abschiebung. Zum Glück hat Mandana eine starke Mutter, die den Mut aufbrachte, sich scheiden zu lassen. Mandana konzentrierte sich auf die Schule, um studieren zu können.
„Ich wusste: Bildung und Wissen bedeuten Freiheit“, sagt Mandana. FIB half ihr, die gewalttätige Beziehung zum Vater zu verarbeiten. Das gibt sie nun anderen Frauen, die Unterstützung brauchen, zurück – als Selbstverteidigungs- und Empowerment-Lehrerin. „Heute ist mir bewusst, dass ich so viel mehr bin als meine schmerzhaften Erfahrungen. Ich will ihnen nicht mehr die Kontrolle über mich geben. Ich habe überlebt und bin stark, wie so viele Menschen, die Gewalt erlebt haben“, sagt Mandana. „Hier bei FIB darf ich so sein wie ich bin, darf auch laut sein und meine Gefühle ausleben. Gemeinsam mit anderen in Bewegung bleiben.“
„Der Verein Frauen in Bewegung Kampfkunst und Bewegung ist so viel mehr als ein Sportverein, der Selbstverteidigungskurse anbietet“, so Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender der HanseMerkur. „Die Trainerinnen helfen den Mädchen und Frauen dabei, ihre eigene Kraft zu erkennen und zu nutzen. Eine starke Persönlichkeit wie Sunny Graff ist für sie ein großes Vorbild. Sie und ihr Team verändern Leben. Das gehört ausgezeichnet! Wir gratulieren ganz herzlich zum Hauptpreis des HanseMerkur Preises für Kinderschutz.“