Immer mehr Menschen kehren physisch an ihren Arbeitsplatz zurück. Der Gesundheitsschutz ist in vielen Betrieben jedoch nach wie vor unzureichend, es wurden im Lockdown häufig präventive Maßnahmen versäumt. Die Arbeitgeber haben nun eine unternehmerische Verantwortung, ihre teilweise ängstlichen und verunsicherten Mitarbeiter zu informieren und aufzuklären. Die Inzidenz-Zahlen steigen wieder an, im Herbst könnte auch eine Grippewelle anrollen. Und gerade In der bevorstehenden kälteren Jahreszeit wird sich viel Alltag wieder in Innenräume verlagern, wo die Infektionsgefahr besonders groß ist.
Interview mit Zeliha Lehnhoff, Geschäftsführerin der uvlution GmbH über die Vorteile von Luftreinigern und darüber wie gut die deutsche Wirtschaft auf die Rückkehr ihrer Mitarbeiter aus dem homeoffice vorbereitet ist. Das Interview führt
Dr. Jörn Arfs:
Was ist der Hauptübertragungsweg von Corona?
„Die Infektion erfolgt vorwiegend über die Luft direkt von Mensch zu Mensch durch kleinste Tröpfchen beim Atmen, Sprechen, Husten, Niesen oder Singen. Diese sogenannten Aerosole verteilen sich langsam im Raum, können lange Wege gehen und sind auch nach Stunden noch infektiös. Dagegen schützen Masken am besten, aber in Innenräumen sich allein auf die anderthalb Meter Abstand zu verlassen, ist gefährlich. Alles Tatsachen, die selbst die Weltgesundheitsorganisation nur unzureichend betont hat. Und: 99 Prozent aller Ansteckungen passieren drinnen – genau dort, wo viele Menschen mehr als 90 Prozent ihrer Zeit verbringen.“
Wann sind Luftreiniger am wirksamsten?
„Da die Virenlast am Anfang einer menschlichen Begegnung am höchsten ist, muss das Luftreinigungskonzept vorbeugend an die räumlichen Gegebenheiten angepasst werden. Was bedeutet: Die Leistungskraft des Gerätes sollte der Kubikmetergröße wie dem Volumen des Raumes und der Personenzahl entsprechen. Der Reiniger sollte in 30 cm Abstand zu Wänden und anderen Objekten so aufgestellt werden, dass er die höchste flächendeckende Wirkung entfaltet. Außerdem muss der Filter regelmäßig ausgetauscht werden. Mehrere kleinere Geräte sind nach einer Studie des Goethe-Instituts besser als ein großer Luftreiniger.“
Wann laufen die Fördermittel für mobile Luftreiniger aus?
„Es gibt verschiedene Förderprogramme des Staates, welcher damit anerkennt, dass Luftreiniger eine sinnvolle Maßnahme sind. Das Überbrückungsgeld 3 Plus läuft aktuell bis Ende September, könnte aber durchaus verlängert werden. Infos über die Laufzeiten bekommt man auf der Website des Bundesfinanzministeriums, Details über die Förderhöhen erfährt man am besten von seinem Steuerberater.“
Auf welche Prüfsiegel/Zertifikate kann man sich verlassen?
„Es gibt aktuell keine einheitliche Norm für Luftreiniger. Bei den HEPA-Geräten ist lediglich der Filter selbst klassifiziert und das nach der EN 1822-1. Eine weitere korrekte Kennziffer ist die sogenannte ´Clean Air Delivery Rate´(CADR): Wie viel Luft wird pro Stunde gereinigt? Wir empfehlen mindestens viermal pro Stunde. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass die Geräte nicht dauerhaft auf höchster Stufe laufen. Denn dann sind die Geräte teilweise sehr laut. Eine mögliche Antwort: Mehrere Geräte auf kleinerer Stufe betreiben.“
Haben Sie den Eindruck, dass die deutsche Wirtschaft gut auf die Rückkehr ihrer Mitarbeiter in die Büros vorbereitet ist?
„Mein Eindruck ist, dass das Thema Hygiene und Ansteckung einen höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft erreicht hat. Früher haben sich viele Arbeitnehmer trotz Grippe oder anderer ansteckender Krankheiten noch ins Büro geschleppt – und das ohne Maske. Heute finden immer mehr Besprechungen online statt, die Pandemie hat die Digitalisierung beschleunigt. Und trotzdem befassen sich insbesondere kleine und mittlere Unternehmen nach wie vor nicht mit der Arbeitsschutzverordnung, die explizit auf Luftreiniger eingeht. Grundsätzlich sehe ich leider immer noch eine geringe Zahl von Firmen, die sich aktiv um dieses Thema bemühen. Handdesinfektion ist viel etablierter, nur schützt sie nicht vor der Übertragung von Krankheitserregern über die Luft.
Hat die Bundesregierung zur Innenraumbelüftung ein Gesamtkonzept?
„Mir ist bis jetzt keins bekannt. Doch was mal wieder augenscheinlich ist: Die bürokratischen Mühlen mahlen verdammt langsam. Das war bei den Testvorschriften für Unternehmen so und ist es jetzt beim Thema Luft. Das Konzept für Luftqualität bedarf deutlich mehr Aufmerksamkeit und ist insgesamt verbesserungswürdig. Warum reden alle immer nur über Wasserqualität? Warum kriegt ein Auto eine Feinstaubplakette, ein Restaurant oder ein Klassenzimmer aber nichts Vergleichbares? Warum wird dort nicht regelmäßig die Luftqualität gemessen? Und was ist mit der Gebäudeplanung der Zukunft? Da brauchen Bauingenieure und Architekten ganz neue Vorgaben für Belüftung, Luftfiltration oder Sensoren.
Brauchen wir einen völlig neuen Ansatz zum Thema Ansteckung? Denn die nächste Grippewelle kommt bestimmt?
„Das ist mal eine positive Folge von Corona: Zukünftig dürften mehr Menschen im Home Office zuhause bleiben und damit ist eine Grippewelle wie in der Vergangenheit wohl nicht mehr zu befürchten. Außerdem sind die Menschen jetzt mehr für gefährliche ansteckende Krankheiten sensibilisiert. Ich hoffe, eine wichtige Konsequenz aus Corona wird es sein, bessere Präventionsmaßnahmen auch für andere Krankheiten zu ergreifen.“