Seit Herbstbeginn ist die zweite Corona-Welle in vollem Gange; die Infektionszahlen der letzten Wochen sind erheblich gestiegen. Rückblickend sind im Spätsommer entscheidende Fehler gemacht worden, als die gewonnene Kontrolle über die Pandemie wieder verloren ging. Die dadurch notwendig gewordenen Einschränkungen seit Oktober und der erneute Teil-Lockdown seit November haben die wirtschaftliche Erholung in Deutschland nach dem Lockdown im Frühjahr damit erst einmal gestoppt. Nach dem massiven Einbruch im Frühsommer hatte sich die deutsche Wirtschaft zunächst wieder deutlich erholt. Nun aber ist klar, dass die Rückkehr der deutschen Wirtschaft zur Normalität ein langer und schwieriger sein wird.
In den nächsten Monaten wird die Zahl der Infektionen voraussichtlich bis ins Frühjahr hinein hoch bleiben. Nach dem starken Aufholprozess im dritten Quartal dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal dieses Jahres allenfalls stagnieren, im Jahresdurchschnitt 2020 wird die Wirtschaftsleistung um fünf Prozent niedriger als im Vorjahr sein. Die durch die hohen Infektionszahlen bedingten Einschränkungen treffen zum einen vor allem jene Wirtschaftsbereiche, die schon unter der ersten Welle litten, so dass es hier wohl vermehrt zu Insolvenzen kommen wird, zumal die Aussetzung des Insolvenzpflicht endet. Zum anderen werden Betriebe, die die Situation bislang mit Kurzarbeit überbrückten, in zunehmendem Maße auch Entlassungen vornehmen; die Zahl der Arbeitslosen wird in den nächsten Monaten folglich zunehmen.
Erst im Frühsommer 2021, wenn nach den bisherigen Erfahrungen die Zahl der Infektionen wieder zurückgeht und voraussichtlich ein Impfstoff verbreitet verfügbar sein wird, wird sich mit Rücknahme der Einschränkungen der Erholungsprozess der Wirtschaft fortsetzen. Die Inlandsnachfrage und wohl auch die Auslandsnachfrage werden sich dann wieder festigen. Die Wachstumsrate 2021 wird wegen der durch die zweite Welle verzögerten Erholung mit rund vier Prozent den Rückgang in diesem Jahr nicht vollständig wettmachen. Im Jahr 2022 sollte eine Rückkehr zur „Normalität“, und damit auf den potenziellen Wachstumspfad, möglich sein. Davon werden vor allem jene Branchen profitieren, die besonders unter den Corona-bedingten Einschränkungen litten, wie Gastronomie, Hotellerie, Tourismus und die Veranstaltungsbranche. Zudem dürfte sich auch die Weltwirtschaft und damit der Welthandel nachhaltig erholen.
Unter diesen Bedingungen wird die deutsche Wirtschaft dann 2022 wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen. Gleichwohl bedeutet das gegenüber einer möglichen Entwicklung ohne Corona einen gewissen Wachstumsverlust, zumal sich durch die schwache Investitionsentwicklung während der Corona-Krise auch der Potentialpfad abgeflacht hat. Als mittelfristige Folge der Pandemie könnten sich die Investitionsbedingungen für Unternehmen und auch den Staat verschlechtert, der Investitionsbedarf jedoch aufgrund des schon vor Corona stattfindenden Strukturwandels erhöht haben. Die Pandemie wird für die deutsche Wirtschaft sehr teuer gewesen sein und könnte noch einige Jahre nachwirken. Umso wichtiger wird es sein, den Strukturwandel nach der Krise entschlossen anzugehen. Trotz der gestiegenen Staatsschulden sollte die Investitionstätigkeit nicht nachlassen, denn nur mit neuem Wachstum werden sich die Folgen der Krise nachhaltig überwinden lassen.