Konservative nach vorn

Haushaltdebatte Hamburgische Bürgerschaft

Konservative nach vorn

Eine Betrachtung von Peter Axel Haas

Hamburg, 19. Dezember 2024. Das war eine gute Woche für die CDU, in Berlin wie in Hamburg: In der Hauptstadt stellten Friedrich Merz und Markus Söder ein Bundestagswahlprogramm mit deutlich konservativer Handschrift vor, dessen Botschaften so manchen AfD-Sympathisanten zum Nachdenken bringen dürften. Und in Hamburg gelang es der nur 16-köpfigen Unionsfraktion in der dreitägigen Haushaltsredeschlacht der Bürgerschaft, den rot-grünen Senat durchaus in Bedrängnis zu bringen.


Den Auftakt zum Debattenmarathon über den 44 Milliarden Rekordhaushalt 2025 und 2026 absolvierte Dennis Thering, Fraktionsvorsitzender der  CDU-Bürgerschaftsfraktion und Spitzenkandidat seiner Partei zur Bürgerschaftswahl am 2. März 2025,  mit Attacken gegen Rot-Grün, aber auch vielen Gegenvorschlägen: Der Senat nutze die Potenziale der Stadt nicht, so der Oppositionsführer. Die Stadtregierung vermurkse viel mehr alle möglichen Projekte, von der Köhlbranderneuerung bis zu Uni-Neubauten, vom Teilverkauf der HHLA an die MSC bis zur „Mobilitätswende“, die doch nur Anti-Autofahrer-Verkehrspolitik sei. Um die Dinge besser voranzubringen, brauche Hamburg mehr private Finanzierung, um das Stauchaos in der Stadt zu beenden eine grundsätzliche Wende in der Verkehrspolitik, weg vom Straßenrückbau und Parkplatzabbau, hin zu Quartiersgaragen und Verkehrsführung ohne Fahrradfetisch im Kopf.


Vor allem letztere Forderung teilt nach allen Umfragen die Mehrheit der Hamburger. Gleichwohl rangiert die Elbunion in fast allen demoskopischen Erhebungen mit knapp unter 20 Prozent noch hinter der Grünen. Entsprechend selbstgefällig gaben sich die Sprecher aus der Mitte der satten rot-grünen zwei Drittel-Mehrheit in den dreitägigen Diskussionen, entsprechend gelassen-unterkühlt lobte sich SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher für seine Arbeit. Und doch ließ Einiges erkennen, dass die Verkehrspolitik als Achillesferse identifiziert ist: Die Sozialdemokraten rückten schon vor den Haushaltsdebatten in einem gezielt veröffentlichten „Masterplan Verkehr“ vom weiteren Parkplatzabbau ab, der in Hamburg bereits über 4000 Stellflächen gekostet hat. Die Schnapsidee des Rückbaus einer Magistrale in Stadtteil Lurup inklusive einer Teil-Grundstücks-Enteignung vieler Anwohner zugunsten der Schaffung eines völlig überdimensionierten Lastenfahrrad-Steifens brachte vor allem den grünen Verkehrssenator Anje Tjarks in die Defensive.


Vieles spricht dafür, dass die CDU dieses Thema durchaus knackig in den Mittelpunkt ihrer Kampagne zur Bürgerschaftswahl am 2. März stellen wird. Die Berliner Union hat unter Kai Wegner im Abgeordnetenhaus-Wahlkampf vor knapp zwei Jahren sehr erfolgreich vorgemacht, wie ein durchaus kantig-konservativer Auftritt sehr erfolgreich zu über 28 Prozent führen kann und die AfD einstellig hält - ein Vorbild für Hamburg. Dennis Thering tut gut daran, sich daran weiter zu orientieren, auch wenn Frontleute der früher in Hamburg tonangebenden „liberalen Großstadt-CDU“ wie der glücklose Spitzenkandidat Marcus Weinberg oder der einstige innenpolitische Sprecher Kai Voet van Vormizeele deshalb austreten.


Und dann lieferte die grüne Wirtschaftssprecherin Zohra Mojadeddi der Union in der Bürgerschaft noch eine Steilvorlage: Statt sich in ihrer Rede zum Haushalt über die Verbesserung der mauen Wirtschaftspolitik des Senats Gedanken zu machen, verstieg sich die in Afghanistan geborene Volkswirtin zu purem Antisemitismus: Israel führe im Gaza-Streifen einen „Vernichtungskrieg“ – ein „Skandal“ wetterte Thering, und zwang die wieder mal nachsichtig mit den Verfehlungen rot-grüner Abgeordneter umgehende SPD-Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit zu einem nachträglichen Ordnungsruf für Mojadeddi . Deren politische Karriere dürfte angesichts eines aussichtlosen Listenplatzes bei den Grünen ohnehin bald beendet sein.


Die Union in Berlin wie in Hamburg scheint dagegen jetzt ihre Chance erkannt zu haben, mit klar konservativem Profil etwa in der Wirtschafts-, Migrations- oder Verkehrspolitik deutlich zu wachsen und den rechten Rand kleiner zu halten. Innerparteiliche Skeptiker wie Kritiker in den grün-roten Leitmedien, insbesondere im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, gehören dabei ignoriert: Der Trend in Europa, Deutschland und Hamburg ist konservativ. Und Sozialdemokraten oder Grüne, wenn sie denn zum Regieren gebraucht werden, beugen sich dem durchaus – ein Blick nach Berlin oder Hessen beweist es. Das kann auch in Hamburg funktionieren, selbst unter umgekehrten Stärkeverhältnissen.

Peter Axel Haas

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