Hamburg, 30. Januar 2025. Es ist eine mutige Entscheidung vom CDU Kanzlerkandidat Friedrich Merz gewesen, für eine grundlegenden Wechsel in der gescheiterten Asylpolitik der letzten Jahre nicht nur die FDP, sondern auch die AfD an der Seite der Union zuzulassen. Ob sie auch die richtige Entscheidung für seinen und einen Unionserfolg am 23. Februar sein wird, werden erst die nächsten drei Wochen erweisen. Den die Risiken für Christdemokraten und Christsoziale sind hoch: In der ganzen Republik schäumen die Parteien links der Mitte nun gegen Merz. Auch der Hamburger Bürgerschaftswahlkampf wird von der Debatte geprägt werden, wie eine harte Aktuelle Stunde im Landesparlament am vergangenen Mittwoch gezeigt hat.
SPD, Grüne und Linke beschwören allerorten die sogenannte Brandmauer, nach der es keine Zusammenarbeit mir den Rechtspopulisten geben dürfe. Das Thema mobilisiert auf der politischen Linken die eigenen Leute, die nach dem Ampelbruch bis dato eher frustriert auf die vorgezogene Bundestagswahl geschaut haben – ein gefährlicher Effekt für Union und FDP. Außerdem muss von der CDU verargumentiert werden, dass das Einbringen von Anträgen erst mal nichts mit Zusammenarbeit oder gar Koalitionen zu tun hat, was Bundeskanzler Scholz und die seinen schlicht ignorieren – um so mehr also der Begründung bedarf.
Auch die inhaltliche Erklärungsbedürftigkeit des Berliner „Merz Moves“ macht es für die CDU nicht einfacher. Der politische Rechtsschwenk weg vom Merkel’schen „Wir schaffen das“ ist nach den Bluttaten von Mannheim, Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg zwar in sich schlüssig und konsequent. Das er aber auch innerhalb der EU durchsetzbar und juristisch haltbar sein wird, muss erst noch bewiesen werden. In der Unionsführung hofft man, dass sich die Wähler von solchen Zweifeln nicht beeindrucken lassen und stattdessen dem schlichten „Es reicht“ ihres Kanzlerkandidaten folgen.
Und dann sind da noch die Liberalen in der CDU, allen voran Altkanzlerin Angela Merkel und Kiels Regierungschef Daniel Günther: Die eine hätte gern Schwarz-Grün regiert, der andere tut es an der Förde vergleichsweise geräuschlos. Und beide hegen mit einigen Christdemokraten vom linken Flügel wohl bis heute den Traum, dass das auch im Bund möglich sei. Nach der Asylpolitikwende mit AfD-Unterstützung scheint dies aber mehr denn je in weite Ferne gerückt zu sein.
Auch Schwarz-Rot ginge wohl nur noch, wenn die SPD sich nach der derzeit prognostizierten schweren Wahlniederlage nicht nur von Olaf Scholz und Saskia Esken trennen würde, sondern auch von Ihrer Realitätsverweigerung in Sachen Migrationspolitik – eine Radikalwende nach Frederiksen-Vorbild wäre nötig. Die dänische Sozialdemokratin hat es vorgemacht und ist seitdem unangefochtene Regierungschefin in Kopenhagen, was in der SPD auch während ihres gerade absolvierten Berlin-Besuchs nur allzu gern verdrängt wurde. Das allerdings könnte sich nach einer krachenden Niederlage der Sozialdemokraten unter Führung des gemäßigten Lars Klingbeil ändern, wenn es um Erhalt oder Abschied aus der Regierungsverantwortung für die Genossen gehen sollte.
Verabschieden kann sich die ganze Republik von der Aussicht auf einen einigermaßen sachlichen Wahlkampf zum Thema Wirtschaftswende: Beim „Wirtschaftswarntag“ der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft versammelten sich am vergangenen Mittwoch nicht nur in Berlin und München, sondern auch in Hamburg führende Arbeitgebervertreter, um angesichts des dramatischen Konjunktureinbruchs noch mal ein Umsteuern zu beschwören. Aber über Bürokratieabbau, Steuersenkungen oder Fachkräftesicherung zu diskutieren, werden die an ihrer wirtschaftspolitischen Inkompetenz gescheiterten Restampel-Parteien nun in den nächsten Wochen wohlweislich vermeiden wollen.
Stattdessen wird Rot-Grün-Links sich weiter in Rage über den rechten Rand reden, von unsäglichen Tabubrüchen und einstürzenden Brandmauern schwadronieren – und so ein anderes Thema ganz wegdrücken wollen: Was ist eigentlich mit der Linken oder dem BSW, wenn sich für Rot-Grün Koalitionsnotwendigkeiten mit denen ergeben würden? Darüber wird in Berlin wie Hamburg bestimmt weiter dröhnend geschwiegen werden.
Peter Axel Haas