Hamburg, 13. Januar 2025 – Die Zahl der krankheitsbedingten Arbeitsausfälle erreicht in Hamburg alarmierende Höhen. Die KKH Kaufmännische Krankenkasse berichtet für das Jahr 2024 von 201 Krankmeldungen pro 100 Mitglieder, ein Anstieg im Vergleich zu 196 Fällen im Jahr 2023. Verglichen mit 2021, als nur 87 Fälle pro 100 Erwerbstätige registriert wurden, ist dies ein dramatischer Anstieg von rund 130 Prozent. Selbst im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019, als es lediglich 107 Krankmeldungen waren, ist die aktuelle Situation deutlich angespannter.
Trotz dieser hohen Zahlen befindet sich Hamburg im Vergleich der Bundesländer im unteren Drittel. Der niedrigste Krankenstand wird in Baden-Württemberg (184 Fälle pro 100 Mitglieder) verzeichnet, während Mecklenburg-Vorpommern mit 230 Fällen Spitzenreiter ist. Der bundesweite Durchschnitt liegt derzeit bei 206 Fällen.
Psychische Erkrankungen als Hauptursache
Ein wesentlicher Faktor für den steigenden Krankenstand sind psychische Erkrankungen. Die Fehlzeiten aufgrund solcher Diagnosen – darunter Anpassungsstörungen, Depressionen und chronische Erschöpfung – sind im Jahr 2024 erneut angestiegen. Sie kletterten von deutschlandweit 387 Tagen pro 100 Mitglieder auf 392 Tage, was den höchsten Stand seit Beginn der KKH-Erhebung im Jahr 2017 darstellt. Dieser Anstieg zeigt sich auch bei Muskel-Skelett-Erkrankungen, wie Rückenschmerzen und Bandscheibenvorfällen, die mit 466 Tagen pro 100 Erwerbstätige ebenfalls Rekordniveaus erreichen.
Zusätzlich verstärkt die Einführung der elektronischen Krankmeldung (eAU) den Anstieg der Fehlzeiten. Diese Neuerung führt zu einer automatischen Übermittlung aller Krankmeldungen an die Krankenkassen, was besonders bei kurzfristigen Fehlzeiten aufgrund von Atemwegsinfekten deutlich spürbar ist. Die Krankmeldungen wegen Erkältungen stiegen von 179 Tagen im Jahr 2021 auf nunmehr 447 Tage. Im Gegensatz dazu sind psychische Erkrankungen oft langwieriger und werden bereits vor der Einführung der eAU erfasst.
Antje Judick, Arbeitspsychologin der KKH, betont die Wichtigkeit von Arbeitgebern, sich intensiver mit psychischen Erkrankungen auseinanderzusetzen und transparent zu kommunizieren, wie sie betroffenen Mitarbeitenden Unterstützung bieten können.
Notwendigkeit zur Prävention
Die Diskussion um die Eindämmung der hohen Ausfallzahlen heizt sich immer wieder auf, insbesondere Vorschläge zur Absenkung der Lohnfortzahlung oder zur Wiedereinführung eines Karenztages sorgen für Kontroversen. Solche Regelungen könnten dazu führen, dass Beschäftigte aus Angst vor finanziellen Nachteilen auch krank zur Arbeit gehen. Judick warnt eindringlich vor Präsentismus und betont, dass kranke Arbeitnehmer nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Kollegen gefährden.
Die wachsende Misstrauenskultur in vielen Unternehmen, etwa hinsichtlich der telefonischen Krankmeldungen, könnte zudem das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer untergraben und negative Auswirkungen auf die Psyche und Motivation der Mitarbeiter haben. Eine wertschätzende Unternehmenskultur ist hier der Schlüssel zu zufriedenen und gesunden Mitarbeitenden.
Judick plädiert zudem für einen stärkeren Fokus auf präventive Maßnahmen. Die Beschäftigten sollten nach wie vor vor Infektionskrankheiten geschützt werden, etwa durch Hygienemaßnahmen und Impfungen. Mit dem Ende der Corona-Pandemie gerieten einige grundlegende Hygienepraktiken, wie regelmäßiges Händewaschen, in Vergessenheit. Auch bei der Grippeschutzimpfung gibt es Handlungsbedarf, denn laut KKH-Daten lag die Impfquote in der Saison 2023/2024 nur bei 16,7 Prozent.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention essenziell sind, um die steigenden Krankheitsausfälle in Hamburg langfristig in den Griff zu bekommen.
Quelle: KHH
NW/JM