Hamburg, Juli 2022 - Das Europäische Parlament fordert die EU-Kommission und die EU-Staaten auf, Ungleichheiten zu beseitigen, wie Hürden für Frauen auf dem Arbeitsmarkt und den fehlenden Zugang zu erschwinglicher Kinderbetreuung. Auch in Hamburg unterscheiden sich Gehalt und Rentenansprüche zwischen Männern und Frauen stark.
In einem Bericht, den das Parlament am 5. Juli mit 535 Stimmen dafür, 18 dagegen und 79 Enthaltungen angenommen hat, fordern die Europaabgeordneten, dass die Gleichstellung der Geschlechter wirksamer in die Politik zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit, fehlendem Zugang zu leistbarem Wohnraum und zu Energiefragen integriert wird.
Die Europäische Kommission muss eine ambitionierte europäische Strategie zur Armutsbekämpfung bis 2030 mit konkreten Zielen und einem Schwerpunkt auf der Beseitigung der Frauenarmut entwickeln, so die Abgeordneten.
Frauen, die im Sozial-, Pflege-, Reinigungs-, Bildungs-, Gesundheits- und Einzelhandelsbereich arbeiten, spielen eine zentrale Rolle für das Funktionieren der Gesellschaft
Fotos: Pixabay
Die sich verschlechternde soziale und wirtschaftliche Situation hat zu einer Zunahme aller Formen von Missbrauch und Gewalt gegen Frauen geführt.
Frauen verdienen immer noch weniger als Männer und sind deshalb stärker von Armut und Obdachlosigkeit bedroht.
Die Gründe, warum Frauen von Armut gefährdet sind, sind vielfältig. In Hamburg verdienen Frauen, die im produzierenden Gewerbe oder in der Dienstleistungsbranche arbeiten, laut Statistischem Bundesamt (S.188f.) im Schnitt 4.471,00 Euro brutto pro Monat und damit 1.117,00 Euro weniger als Männer. Das hat auch Auswirkungen auf die Rentenansprüche. So bekommen 178.442 Frauen in Hamburg eine monatliche Rente in Höhe von 863,58 Euro – und damit durchschnittlich 394,26 Euro weniger Rente als Männer in Hamburg.
In Deutschland sind Frauen daher tendenziell eher armutsgefährdet als Männer. Die Armutsgefährdungsquote bei Männern liegt deutschlandweit bei 15,3 Prozent, gegenüber 16,8 Prozent bei Frauen. In Hamburg liegt sie im Schnitt bei 17,3 Prozent – resultierend aus 16,8 Prozent bei den Männern und 17,7 Prozent bei den Frauen. Im Bundesländer-Ranking zur Armutsquote platziert sich Hamburg damit im Mittelfeld (siehe Ranking).
Die sich verschlechternde soziale und wirtschaftliche Situation hat zu einer Zunahme aller Formen von Missbrauch und Gewalt gegen Frauen geführt, betonen die Abgeordneten. Sie fordern die Mitgliedstaaten auf, Frauen zu unterstützen, die aus Situationen geschlechtsspezifischer Gewalt fliehen, da ein Leben frei von Gewalt von grundlegender Bedeutung ist, damit Frauen am Arbeitsmarkt teilnehmen, ihr volles Potenzial ausschöpfen und finanziell unabhängig sein können. Das Europäische Parlament arbeitet bereits an neuen Wegen und Ideen, um Frauen in Armut zu helfen.
Arbeit von Frauen muss gerechter entlohnt werden
Die COVID-19-Krise hat gezeigt, dass Frauen, die im Sozial-, Pflege-, Reinigungs-, Bildungs-, Gesundheits- und Einzelhandelsbereich arbeiten, eine zentrale Rolle für das Funktionieren unserer Gesellschaften spielen, heißt es in dem angenommenen Bericht. Die Abgeordneten fordern den Einsatz bereichsübergreifender geschlechtsneutraler Werkzeuge zur Beschäftigungsbewertung, damit Arbeit, die überwiegend von Frauen erbracht wird, besser bewertet und gerechter bezahlt wird.
Solche Instrumente würden auch gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit sicherstellen und gleichzeitig die unternehmerische Initiative von Frauen in kleinen und mittleren Unternehmen stärken. Zugang zu erschwinglicher, hochwertiger öffentlicher und privater Kinderbetreuung würde die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt verbessern.
Die Mitgliedstaaten sollten geschlechtsspezifische Diskriminierung in ihrer Steuerpolitik vermeiden und die Mehrwertsteuer auf Hygieneartikel für Frauen abschaffen, fordern die Abgeordneten. Sie fordern außerdem, dass die Mitgliedstaaten die geschlechtsspezifische Dimension bei der Reform der Rentensysteme berücksichtigen und eine Entschädigung für unbezahlte Pflegearbeit vorsehen sollten.