Dr. Bernd Kliem, Partner für Enforcement Services bei PwC Deutschland, sagt: „Es ist riskant, sich nicht vorzubereiten. Denn auch wir rechnen mit schärferen und schnelleren Enforcement-Verfahren. Unternehmen sollten jetzt zumindest die eigene Accounting Compliance diesbezüglich nochmals genau prüfen – in einem laufenden Verfahren ist es dafür zu spät.“
Ein Prüfungsschwerpunkt wird die Dokumentation sein, wie die BaFin bereits angekündigt hat. Immerhin: Fast alle der bereits aktiv gewordenen Befragten fokussieren sich bei ihrer Vorbereitung genau auf diesen Schwerpunkt (94 Prozent). Hier sind spezielle Anforderungen der BaFin zu erwarten. Eine deutlich geringere Rolle spielen demgegenüber Veränderungen bei Prozessen (56 Prozent) und in der Organisation (44 Prozent).
Weniger Centers of Excellence – trotz steigender Anforderungen
Ein weiteres Studienergebnis: Verfügten im Jahr 2017 noch 67 Prozent der befragten Unternehmen über „Centers of Excellence“ (CoEs) bzw. Bilanzierungsexperten für komplexe Bilanzierungsfragen, sind es derzeit nur noch 58 Prozent – und dies, obwohl die Bilanzierungsstandards seit 2017 komplexer und zahlreicher geworden sind. Hinzugekommen sind etwa die Standards IFRS 15 (Umsatzerlöse aus Verträgen mit Kunden) und IFRS 16 (Leasing).
Genau wie 2017 greift aktuell die Mehrheit der Unternehmen verpflichtend vor allem dann auf unternehmensinterne CoEs zurück, wenn Unsicherheit über die Bilanzierung eines Sachverhalts besteht (jeweils 81 Prozent); ab einer bestimmten Größenordnung der Sachverhalte ziehen Unternehmen die CoEs deutlich häufiger hinzu (2022: 53 Prozent; 2017: 27 Prozent), bei neuen Sachverhalten hingegen etwas seltener (2022: 62 Prozent; 2017: 70 Prozent).
Knapp vier von zehn Unternehmen binden externe Dienstleister ein
38 Prozent der befragten Unternehmen lagern Tätigkeiten im Jahr 2022 aus, 2017 waren es mit 35 Prozent fast ebenso viele. Ähnlich wie 2017 erhoffen sich Unternehmen vom Outsourcing eine höhere fachliche Qualität (2022: 80 Prozent; 2017: 78 Prozent). Sieben von zehn Unternehmen wollen dadurch die Mitarbeitenden im Rechnungswesen entlasten, das waren 2017 nur 35 Prozent.
Nicht definierte Zuständigkeiten sind unnötiges Compliance-Risiko
Deutlich mehr Unternehmen als 2017 setzen das Konzernrechnungswesen bei komplexen Sachverhalten nach festgelegten Standards ein (2022: 62 Prozent; 2017: 44 Prozent). Allerdings hat 2022 nur jedes zweite Unternehmen (50 Prozent) die Sachverhalte für deren Einsatz definiert, 2017 waren es mit 62 Prozent deutlich mehr.
Die Kompetenzbereiche zwischen Konzernrechnungswesen und den Tochtergesellschaften bei Schnittstellenthemen grenzen mehr Unternehmen als 2017 klar ab (2022: 52 Prozent; 2017: 43 Prozent). 44 Prozent der Befragten haben 2022 die Zuständigkeiten zwar nicht klar definiert, geben aber an, diese seien gut eingespielt (2017: 52 Prozent).
Robert Linder, Director für Enforcement Services bei PwC Deutschland, sieht dies kritisch: „Eingespielte, aber nicht definierte Prozesse sind ein vermeidbares Compliance-Risiko. Unternehmen sollten mit den gestiegenen Anforderungen auch organisatorisch-prozessual Schritt halten. Standardisierte oder sogar automatisierte Schnittstellen helfen dabei ebenso wie Centers of Excellence und klar definierte Zuständigkeiten.“
Qualifizierung der Mitarbeitenden rückt stärker in den Fokus
Auf die Qualifizierung ihrer Mitarbeitenden achten die Unternehmen derzeit deutlich stärker als 2017: 76 Prozent der Befragten geben an, feste Schulungen durchzuführen bzw. für Aktualisierungen von Fachwissen im Rechnungswesen zu sorgen (2017: 63 Prozent). Die meisten Unternehmen setzen dafür auf externe Kurse (85 Prozent) und Fachzeitschriften (82 Prozent). Fast ebenso viele waren es 2017 (85 bzw. 75 Prozent). Mehr als ein Drittel der Unternehmen nutzt aktuell ein definiertes Schulungskonzept, 2017 waren es nur 16 Prozent. (Quelle: PwC)