Es ist nicht ungewöhnlich, dass das Denk- und Merkverhalten im Alter nachlässt. Falls es sich aber um Alzheimer oder eine anderen Demenzform handelt, führt die Krankheit nach und nach zu vollständigem Gedächtnisverlust. Das Risiko für „unüberlegte Handlungen“ steigt und in gleichem Maße auch die Gefahr, dass anderen Personen oder Sachen Schaden zugefügt wird – ein Fass ohne Boden, denn das Bürgerliche Gesetzbuch verlangt nach § 823 Abs. 1 von jedem Schadenverursacher kompletten Schadenersatz. Vor derlei Schadenersatzansprüchen schützt nur eine Privat-Haftpflichtversicherung.
Ob der Verursacher für einen Schaden haftbar gemacht werden kann, muss zunächst geklärt werden. Gilt die betreffende Person noch als deliktfähig oder kann sie aufgrund ihrer Demenzerkrankung nicht haftbar gemacht werden, weil sie als deliktunfähig gilt? „Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten, da es auch bei fortgeschrittener Demenz immer lichte Momente gibt“, erläutert Oliver Frohnert, Produktmanager bei der HanseMerkur.
Aktuell leben rund 1,6 Millionen demenzkranke Menschen in Deutschland, Tendenz steigend. Das Hauptproblem ist, dass die Betroffenen das Fortschreiten ihrer Erkrankung selbst oft nicht wahrnehmen und Angehörige mit dieser Situation schnell überfordert sind bzw. Versicherungsfragen nicht als ihr vordringlichstes Problem ansehen. Dabei können Schadenersatzansprüche existenziell werden. Eine bestehende Privat-Haftpflichtversicherung sollte aufgrund der erhöhten Risiken für Missgeschicke auf jeden Fall bestehen bleiben.
Eine Demenz muss einem Haftpflichtversicherer nicht angezeigt werden und führt auch nicht zur Kündigung eines bestehenden Vertrages. Gutachter analysieren im Schadenfall immer den konkreten Einzelfall und bewerten dann die Schwere der Krankheit. Wenn der Versicherte noch als deliktfähig gilt, übernimmt der Versicherer den Schaden.
Doch Vorsicht: Bei der Mehrzahl alter Privat-Haftpflichtverträge, aber auch in etlichen neuen Verträgen gilt bei Deliktunfähigkeit ein Ausschluss der Haftung bzw. erfolgt keine Leistung. Die Versicherung wehrt zwar die Ansprüche Geschädigter als unbegründet ab, dabei bleiben die Geschädigten aber auf den Kosten sitzen und reagieren mit Unzufriedenheit, wodurch Nachbarschaftsverhältnisse und Beziehungen bisweilen auf eine harte Probe gestellt werden. „Viele Kunden fühlen sich dann moralisch verantwortlich, den Schaden aus eigener Tasche zu bezahlen oder bitten Angehörige, einzuspringen. Mitunter fühlt es sich dann im Nachhinein fälschlicherweise so an, als hätte die eigene Versicherung gar nicht geleistet“, berichtet Frohnert.
Er rät allen Kunden ihre Verträge zu überprüfen und einen Versicherungsschutz mit Deliktunfähigkeitsklausel für Erwachsene zu wählen. Dann reguliert die Privat-Haftpflichtversicherung auf Wunsch auch Schäden, wenn der Versicherte deliktunfähig ist, selbst dann, wenn gesetzlich nach wie vor kein Schadenersatzanspruch besteht. Das entlastet auch Angehörige oder Pflegekräfte, da sie bei Deliktunfähigkeit des Demenzkranken als aufsichtführende Personen normalerweise haften würden, sollten sie die Aufsichtspflicht verletzt haben.
Red.NW / Quelle: HanseMerkur
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