Berlin/Hamburg, 9. Oktober 2024. Ob eine untaugliche Solarfähre in Schleswig-Holstein, die wieder stillgelegt und die alte für den fünffachen Preis des Verkaufspreises zurückgekauft werden musste oder die Mietposse um den Umzug der Hamburger Justizbehörde: Das 52. Schwarzbuch bringt Steuergeldverschwendung ans Tageslicht.
Ursprünglich war geplant, dass die rd. 600 Beschäftigten der Hamburger Staatsanwaltschaft bereits bis zum 1.9.2022 in neue Räume im Michaelisquartier an der Ludwig-Erhard-Straße ziehen sollen. Doch bis zum Sommer 2023 hatte noch kein einziger Mitarbeiter seine Arbeit im neuen Gebäude aufgenommen. Dennoch waren immense Kosten angefallen. So verlangte der Eigentümer für die Zeit seit dem 1.9.2022 eine finanzielle Entschädigung für die entgangenen Mieteinnahmen („Nutzungsausfallentschädigung“) in Höhe von 392.533,08 Euro – pro Monat. Bis Juli 2023 kamen so vier Mio. Euro zusammen. Immerhin, so hieß es, sollte der Umzug nun endlich im Frühjahr 2024 stattfinden. Trotz dieser Ankündigung hatte sich bis zum Sommer 2024 wenig getan. Nur rd. 120 Mitarbeiter waren laut Pressestelle im Zuge eines Probebetriebs umgezogen.
Dafür kommen nach und nach immer neue erschreckende Zahlen zu den Kosten ans Licht: Ursprünglich sollte die Stadt den technischen Gebäudebetrieb „mit eigenem Personal und auf eigene Kosten“ übernehmen, wie es in einer Senatsdrucksache heißt. Doch dazu kam es nicht. Weil die Justizbehörde die Arbeiten aufgrund fehlender Kapazitäten nicht selbst ausführen konnte, übernahm das der Vermieter. Dies hat erhebliche Folgen: Die Stadt muss mehr Betriebskosten als ursprünglich vorgesehen übernehmen. Dadurch erhöht sich die Miete von rd. 392.530 Euro um 46.120 Euro monatlich, rückwirkend ab dem 1.1.2024.
Selbst wenn der Umzug vollständig vollzogen sein wird, wird es für den Steuerzahler nicht günstiger, denn die Mietkosten steigen für alle von der Staatsanwaltschaft genutzten Objekte insgesamt von bisher vier Mio. Euro auf deutlich mehr als sieben Mio. Euro pro Jahr. Immerhin hofft die Staatsanwaltschaft jedoch, dass sich die Mietkosten langfristig bei jährlich fünf Mio. Euro einpendeln.
Die Schlei ist ein 42 km langer Meeresarm der Ostsee, der – bei Schleswig – fast bis in die Mitte des Landes reicht. An der engsten Stelle der Schlei unterhält der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN) eine Fähre, die sich mit Motorkraft an einem im Wasser liegenden Seil von einem zum anderen Ufer zieht. Der Betrieb ist verpachtet. Die bislang eingesetzte Fähre „Missunde II“ war nach 21 Betriebsjahren marode. Die maximale Zuladung von 22,5 t musste daher aus Sicherheitsgründen zuletzt auf 7,5 t reduziert werden. Auch das sogenannte Fährzeugnis, vergleichbar mit dem TÜV-Stempel beim Auto, war abgelaufen. Um ein neues Zertifikat zu bekommen, wären Reparaturen im geschätzten Umfang von 1,8 Mio. Euro notwendig geworden. Nach der Machbarkeitsstudie eines Ingenieurbüros entschied der Landesbetrieb, eine neue Fähre zu bauen.
Mit dem alten Boot waren pro Jahr im Schnitt 120.000 Fahrzeuge sowie 50.000 Fahrräder befördert worden. Gewünscht wurde nun eine größere Transportkapazität, um auch Reisebussen und Landwirtschaftsgespannen große Umwege zu ersparen. So wurde – in Abweichung von der Machbarkeitsstudie – eine größere Fähre projektiert, die eine maximale Zuladung von 45 t tragen kann.
Außerdem hat sich das Land Schleswig-Holstein zum Ziel gesetzt, das erste „klimaneutrale Industrieland“ Deutschlands zu werden. Deshalb sollte anstelle eines Dieselmotors ein rein elektrischer Antrieb mit Solarzellen gebaut werden. Diese Kombination gab es bislang in Deutschland nicht.
Heute wissen wir, dass das Experiment gründlich ins Wasser gefallen ist. Zuerst führten Lieferengpässe zu Bauverzögerungen bei der rd. vier Mio. Euro teuren neuen Solarfähre. Dann mussten die Anleger auf beiden Seiten für die höheren Lasten und größeren Abmessungen angepasst werden.
Ende Januar 2024 wurde die neue Solarfähre unter großem Medienrummel getauft – doch schon bei den ersten Probefahrten stellte sich heraus, dass die neue Fähre bei stärkeren Winden und Strömungen nicht sicher fährt. Das Solardach wirkt nämlich wie ein Segel, und der größere Rumpf dreht sich bei der Überfahrt aus dem Kurs, so dass ein Anlegen nicht mehr möglich ist – offenbar ein Konstruktionsfehler des für die bestehenden Bedingungen zu großen Schiffs.
So musste das Vorgängermodell wieder reaktiviert werden. Diese Fähre hatte das Land für 21.000 Euro verkauft – der Käufer gab es nun zum fünffachen Preis (113.000 Euro) an den LKN zurück. Hinzu kamen Reparaturkosten von rd. 50.000 Euro. Wie es mit der neuen Solarfähre weitergeht, ist derzeit nicht absehbar. Im Sommer ging man davon aus, dass ein Einsatz nach erheblichen Änderungen an der Konstruktion frühestens Ende 2025 möglich sein wird. Die Kosten des Umbaus sind noch nicht ermittelt.
Zu Beginn der Coronapandemie beschaffte das Bundesgesundheitsministerium im Panikmodus übermäßig viele Schutzmasken. Der Bund der Steuerzahler zeigt auf, warum ein Vorsorgekonzept und effiziente Beschaffungsstrukturen nötig sind. Das Abrechnungsverfahren für Coronatests hat sich als extrem betrugsanfällig erwiesen! So konnten Testzentren die Tests mehrfach abrechnen oder fingieren – ein effektiver Datenaustausch fand nicht statt. Hier sagt der Bund der Steuerzahler, was passieren muss, um den Betrug rasch aufzudecken.
Das Sonderkapitel des 52. Schwarzbuchs untersucht die ausufernde Bürokratie, die oft nur fragwürdigen Nutzen hat oder sogar wirtschaftlichen Schaden verursacht. Jahr für Jahr versickern hier Milliarden Euro! Somit kostet Bürokratie nicht nur Zeit und Nerven von Bürgern, Betrieben und der Verwaltung selbst, sondern auch Steuergeld. Ein klarer Fall für das Schwarzbuch, das sich mit dieser oft übersehenen Facette beschäftigt!
Dabei ist Bürokratie nicht nur eine Belastung für jeden Einzelnen, sondern auch eine riskante Investitions-, Innovations- und Wachstumsbremse für das ganze Land. Dies ist der Fall, wenn die Spielregeln für wirtschaftliche Tätigkeiten bis ins kleinste Detail in die unternehmerischen Aktivitäten eingreifen, nicht aufeinander abgestimmt sind und den Unternehmen enorme Ressourcen abverlangen, die sie nicht für ihre Wirtschaftskraft nutzen können.
Der Bund der Steuerzahler wirft einen Blick auf Gesetze und Normen, auf die Entwicklung von steuergeldfinanzierten Personalstellen in der Verwaltung sowie auf den Bildungssektor in Deutschland. Der Blick geht auch nach Europa: Denn ein wesentlicher Teil der Belastungen – vor allem des hierzulande anfallenden Erfüllungsaufwands für Unternehmen – entsteht auf Ebene der EU. Auf Grundlage all dieser Recherchen formuliert der Steuerzahlerbund Forderungen für einen konsequenten Bürokratie-Abbau. „Zu einer nachhaltigen Strategie gehören die Einführung einer gesetzlichen Bürokratiebremse, die systematische Digitalisierung der Verwaltung, die Reduktion von Doppelregulierungen sowie die Förderung von Transparenz und Effizienz in Verwaltungsprozessen“, fasst BdSt-Präsident Reiner Holznagel zusammen. „Weniger Bürokratie wird nicht nur die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit steigern, sondern auch das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat und die Demokratie stärken.“
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Quelle: Der Bund der Steuerzahler